Chronik

Die Chronik des Hofes im Tal der Lune

 

Es handelt sich hier um einen sehr alten Hof, der ursprünglich dem Adelsgeschlecht derer von Luneberg gehörte.

Die nahe unserem Hof gelegene Monsilienburg ist vermutlich der namensgebende Stammsitz der Herren von Luneberg.

Die Monsilienburg wurde 1212 von den Stedingern und Osterstadern zerstört und nie wieder aufgebaut. Sie gilt noch heute als eine der größten ihrer Art in Nordwestdeutschland.

die Hofauffahrt

Der Edelherr Heincke von Luneberg, der seinen Burgsitz in Freschluneberg hatte, legte 1605 über seine Besitztümer und die an ihn bemeierten Bauern ein Hausbuch an, in dem unser Hof auch genannt wurde. Hier sollte seine Mutter, de olde Fruwe von Luneberg de Tidt ehres Levendes wohnen. Der Hof war gut mit Flächen ausgestattet, so dass es sich wohl zu der Zeit um einen guten Vollhof handelte. (zwischen 20 und 100 ha groß, je nach Bodenqualität, nicht abgabepflichtig und hat die ursprüngliche Größe)

Nach dem Ableben der Besitzerin wurde der Hof zu Meierrecht ausgetan. der jährliche Pachtzins dafür betrug 5 Molt Roggen ( ca 2 to) und 5 Molt Hafer (1,5 to, der damaligen Ertrag von je 15 Morgen, oder knapp 4 ha), ein Hofschwein, ein Rind in Futter nehmen und mit Pferd und Wagen Hofdienst leisten. Weiterhin war der Hof zehntfrei. Er war nur der Gerichtbarkeit unterworfen.

Später( ab 1831) gab es die Möglichkeit den Hof frei zu kaufen, für das 25ig- fache der Jahresmiete. Wann dieses geschah und von wem, konnte noch nicht ermittelt werden.

Allerdings geht aus der Inschrift des Groode Dör Balkens hervor, dass Anfang des 17. Jahrhunderts die Familie Wittpenn den Hof bewirtschaftet hat.

1831 war ein Advokat Steinberg Bewirtschafter des Hofes, er hatte jedoch keine Nachkommen und Wilhelm Böning übernahm den Hof.

Dieser wiederum baute Mitte des 18. Jahrhunderts für seine Familie ein Haus an der neu erbauten Bundesstrasse, ca 300 m nördlich von der alten Hofstelle. Er nahm ein Teil der Flächen mit zu seinem neuen Hof und errichtete dort ein Gasthaus als Ausflugslokal. 1892 kaufte mein Urgroßvater Hermann Junge den Rest des Hofes von Böning, und seitdem bewirtschaftet unsere Familie diesen Hof. Mein Großvater Johann Carsten Rademacher heiratete 1925 meine Großmutter Hermine Junge und somit kam der Name Rademacher auf den Hof.

Mein Vater Johann heiratete 1959 meine Mutter Wilhelma Duensing aus Hellingst. Sie übernahmen 1965 den Hof von meinen Großeltern. Nach abgeschlossener Ausbildung habe ich diesen Hof 1989 von meinen Eltern übernommen.

Der Name Rademacher, der in unsere Gegend häufig anzutreffen ist, führt in der Ahnenfolge meist auf den Hof Freitag in Hipstedt zurück. Dort wird der Name seit 1640 geführt. Die Geschichte dieses einstelligen Hofes lässt sich mindestens bis 1527 ziemlich lückenlos zurückverfolgen.

Besonders markant an diesem Hof Freitag war, dass dort unter dem Pferdestall die beiden bedeutenden Weserzuflüße Geeste und Lune ihre Quelle hatten. Man nimmt an das zur damaligen Zeit sich an diesem Ort ein vorchristliches Heiligtum befunden hat, das nach der Göttin Freya benannt wurde.

Unser Haus wurde im 17. Jahrhundert vermutlich in drei Abschnitten gebaut. Bei jedem Abschnitt wurde der Türbalken mit nach vorne genommen und dort wieder am richtigen Ort platziert.

Im oberen Balken der Spruch lautet:
WIR BAUEN ALL FEST UND SINT NUR FREMDE GÄST
UND WO WIR WOLLEN EWIG SEIN DA BAUEN WIR
GAR NICHTS HINEIN

Schon aus der Chronik geht hervor das sich viele Menschen um die Geschicke und das Wohlergehen dieses Hofes sehr bemüht haben. Alle nur für eine kurze Zeit, angesichts dessen, wie lange dieser Hof schon seine Familien ernährt hat.

Diese schon sehr alte Inschrift, ist schon 1668 im Simplizissimus, von Grimmelhausen beschrieben worden.

Sie soll auch heißen, dass das Leben ein ständiger Wandel ist. Die Menschen die hier zu Hause waren und sind, sich immer auch auf Wanderschaft befunden haben mit dem Bestreben, alles zu tun damit der Hof auch die nächste Generation ernährt und vor allem die Grundlage dafür erhalten bleibt.

So ist auch der Buernrat zu deuten der da heißt:
WAS DU ERERBT VON DEINEN VÄTERN,
ERWIRB ES UM ES ZU BESITZEN.

Dieser Hof ist seit Gedenken ökologisch bewirtschaftet worden, viele hundert Jahre lang.

In den Jahren nach Ende des zweiten Weltkrieges mussten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Menschen die in der Zeit hier lebten zu ernähren. So wurden auch (Kunst)Dünger –und so genannte Pflanzenschutzmittel dafür eingesetzt, die zu der Zeit schlechte Versorgung mit Lebensmitteln zu verbessern, den Hunger stillen. Bis in die 70er Jahre hinein war dieser Weg für die Menschen in unserem Land notwenig.

In dieser Zeit erkannte die Industrie ihre Möglichkeiten, die bis dahin weitgehend unabhängigen Bauern immer ein bischen mehr abhängig zu machen. Mit jedem kleinen Ertragszuwachs und somit auch Einkommenzuwachs wurde die Abhängigkeit ein kleines bischen größer…vom Handelsdünger…und vor allem auch von sogenannten Pflanzenschutzmittel. Hiermit sollen keinesfalls die wissenschaftlichen Erfolge geschmälert werden, die zweifelsfrei notwendig sind vor allem auch für die Natur ...auch wir Menschen sind ein Teil dieser Natur.

Leider verleiten diese wissenschaftlichen Erfolge immer wieder Menschen dazu, ihren Vorteil auf Kosten der Allgemeinheit auszunutzen und damit Abhängigkeiten zu schaffen.

Vielleicht ist mit der Geiz ist geil- Mentalität ein Punkt erreicht, sich zu bedenken, und den Weg zu ändern….
…. oder fallen die Bauern wieder zurück in die Abhängigkeit, so wie ihnen von Karl dem Großen im Jahre 936 für ihre Höfe und Ländereien das Recht der Selbstbestimmung abgesprochen wurde. Er brauchte die Bauern als Soldaten und als Ernährer für die Soldaten, ohne dafür bezahlen zu müssen. Dieses System hat fast 1000 Jahre angedauert, bis Napoleon´s Macht 1813 endgültig niedergeschlagen wurde und nach dem Wiener Kongress das Königreich Hannover (Welfenhaus) an die Macht gelangte.

Nun konnten die abgabepflichtigen Bauern ihre Höfe freikaufen. Dafür wurden zu der Zeit auch die Landeskreditanstalten gegründet.

Nun zum 23. Psalm, der Inschrift auf dem Türbalken, unter dem die Menschen und Tiere, die auf diesem Hof leben und arbeiten, und die Menschen die hier zu Gast sind , immer wieder durchgehen :

DER HERR IST MEIN HIRTHE,
UNS WIRTDS NICHTS MANGELN

Dieser Vers bedeutet Genügsamkeit, Zuversicht und Hoffnung. Ich bin sehr dankbar, das ich in diesem Haus aufgewachsen bin, und meine Familie mir vorgelebt hat, wie man diesen Vers umsetzen kann. In dem Zusammenhang ist mir ein Spruch meiner Großmutter gut in Erinnerung geblieben: Een Hand ut de nix rut geiht, dor kummt ok nix woller rin. (Eine Hand wo nichts rausgeht(gibt), da kommt auch nichts wieder rein ) Geben und Nehmen zu gleichen Maßen ist das Wichtigste in jeglicher Beziehung, ob zwischen Menschen, oder zwischen Mensch und Natur.

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